Zur Beschaffung des Schweizer F-35A

Kkdt a.D. Markus Gygax, ehem. Kommandant der Luftwaffe

Müssen aufgrund der aktuellen Programmsituation und der Administration Trump Programmverzögerungen und/oder Kostensteigerungen bei unserer Beschaffung von F-35A erwartet werden?

  • Generell NEIN, meines Erachtens. Die Schweiz kauft seit den 1960er Jahre Flugzeuge, Waffen, Sensoren in den USA. Wir beschaffen Ersatzteile, machen Upgrades, führen Schiessversuche durch und das immer zur vollen Zufriedenheit für unsere Luftwaffe. Und nun erhalten wir als neutrales nicht NATO- und EU-Land das neuste, modernste und leistungsfähigste Kampfflugzeug. Die Schweiz ist eine von zwölf Nationen, alleine in Europa, die den F-35 beschafft.
  • Natürlich gibt es immer Risiken im Leben, auch bei Beschaffungen. Aber wer kennt schon im Detail die Zukunft? Folglich müssen die verantwortlichen Instanzen am Ball bleiben und sich für die Sicherheit unseres Landes mit voller Kraft einsetzen. 
    Was ist denn die Alternative: Rafale, Eurofighter, Gripen? Wohl kaum. Dies sind alle Auslaufmodelle. Die Herstellerländer sind intensiv an der Forschung und späteren Produktion von 6. Generationkampfflugzeugen. Ihre Industrie befasst sich intensiv mit der neuen Generation: Grossbritannien, Italien und Japan mit dem TEMPEST, Frankreich, Deutschland und Spanien mit dem Futur Combat Air System (FCAS). Glaubt jemand im Ernst, diese Länder hätten zusätzlich die Kapazität und das Interesse, der Schweiz über die nächsten 40 Jahre mit Rat und Tat unser Auslaufmodell betreuen zu wollen/können? Und wenn ja, dann zu horrendem Preis.
  • Dass bei uns die Armeeabschaffer jede Gelegenheit nutzen, um gegen Rüstungsvorhaben Sturm zu laufen und Behauptungen aufzustellen was alles nicht funktionieren wird, ist ihre gängige Praxis. Zwei politische Parteien haben immer noch die Abschaffung der Armee in ihrem Parteiprogramm. Also nicht verwunderlich, dass mit Hilfe diverser Medienschaffenden Horrorgeschichten erfunden werden. Nicht zu vergessen ist die «Gruppe Schweiz ohne Armee», die es seit 43 Jahren gibt und die, finanziert von wem auch immer, weiterhin ihr Unwesen treibt.
    Zu denken gibt, dass die Abschaffer die sicherheitspolitische Zeitenwende noch immer nicht mitbekommen haben!

Laufen wir – wie nach dem F/A-18 – Gefahr, dass wir einmal mehr das Luftangriffspotential des Waffensystems F-35A aus Kostengründen bzw. aus operativen Überlegungen nicht ausschöpfen werden? Die mit der Beschaffung beantragte Luft/Boden Munition (12 x GBU-54) und 12 x GBU-53/B Small Diameter Bomb) (SDB II/Stormbreaker)) ist so unbedeutend, dass sie nicht einmal für eine ordentliche Ausbildung unserer Piloten ausreicht!

  • Munition spielt eine wesentliche Rolle im Krieg, aber auch als Abschreckungsfaktor. Mit dem Kauf des F35A wird die Luftwaffe wieder befähigt sein, zusätzlich zur Luftverteidigung auch Ziele am Boden zu bekämpfen und mit ihren modernsten Sensoren wieder aufklären zu können. Diese Aufgaben müssen neu erlernt werden, nicht nur von den Piloten, sondern das ganze Umfeld muss nach 30 Jahren «Friedensdividende» von Grund auf neu dazu befähigt werden. Unter anderem Personal der Armeeführung, des Nachrichtendienstes, der Einsatzzentralen, der Beschaffung, der Verwaltung, der Logistik, der Justiz, des Personaldienstes, der Finanzen, der Diplomatie, muss ausgebildet und in die neuen Prozesse eingebunden werden. Eine Herkulesaufgabe.
  • Und was macht die reiche Schweiz? Man streitet sich über die Finanzierung. Wir haben nicht ein Finanzproblem, sondern ein ZEIT Problem. Die Zeit läuft uns davon. Dieselbe Situation hatten wir vor dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. Wollen wir zum dritten Mal zu spät kommen, mit der Lagebeurteilung, der Entschlussfassung, dem Entscheid, der Bestellung von Waffen und Munition? «Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben», meinte Gorbatschow.
    Im Übrigen betrifft es nicht nur die Luftwaffe, das Heer noch viel mehr!
  • Achtung los!

Foto: Defence & Security News