
Jürg E. Kürsener, Oberst i Gst a.D., lic.rer.pol.M.S, Militärpublizist
US Präsident Trump hat den 56-jährigen Luftwaffenoffizier Generalleutnant John D. Caine, Sohn eines Kampfpiloten, zum neuen Vorsitzenden der Vereinten Stabschefs (Chairman, Joint Chiefs of Staff – CJCS) ernannt. Er ist der 22. CJCS in der Geschichte der US Streitkräfte. Diese Funktion wurde 1949 geschaffen. General Omar Bradley war damals der erste Chairman. Nach den üblichen Hearings im Senat und seiner Bestätigung mit 60 gegen 25 Stimmen hat Dan Caine am 11. April 2025 unter gleichzeitiger Beförderung zum Viersternoffizier diese Funktion als CJCS offiziell angetreten.
Diese Ernennung durch Trump ist unüblich. Dies aus zwei Gründen. Erstens, weil ein Offizier aus dem Ruhestand berufen wurde und zweitens, weil dieser Offizier nicht die Voraussetzungen erfüllt, die normalerweise einen Viersterngeneral und/oder einen Befehlshaber eines Hauptkommandos (wie zB des European Command, des Central Command, des Indo-Pacific Command) bzw Chef oder Stellvertretender Chef eines Teilstreitkräftekommandos vorsehen. Ungewöhnlich ist die Wahl auch deswegen, weil damit in etwa 50 ranghöhere oder gleichrangige, aktive Offiziere übergangen wurden. Präsident Trump will damit offenbar gezielt einen Neuanfang setzen und demonstrieren, dass er der aktiven Führungsriege nur bedingt vertraut, die vor allem unter Präsident Biden ihre Karrierehöhepunkte erreicht hat.
Caine ersetzt den afroamerikanischen Luftwaffengeneral General Charles Q. Brown, den Trump ohne stichhaltige Gründe vorzeitig entlassen hat. So wie er auch den obersten, weiblichen Marineoffizier, Admiral Lisa Franchetti, den Befehlshaber des wichtigen Nachrichtendienstes NSA (National Security Agency) General Timothy Haugh, den Stellvertretenden Stabschef der Luftwaffe sowie die erst Frau an der Spitze der Küstenwache, Admiral Linda Fagan, vorzeitig entlassen hat. Die Streitkräfteführung wird offiziell – wie das erwartet wird – apolitisch und loyal bleiben, aber unterschwellig dürfte die erratische Personalpolitik Trumps Spuren hinterlassen. Man erinnert sich gut an die Willkür in der ersten Amtsperiode, als Trump hervorragende Leute und Viersterngenerale wie Verteidigungsminister Mattis oder Viersterngeneral Kelly, beides Marines, entlassen hat.
Caine hat eine ungewöhnliche Karriere in der Luftwaffe bzw in der Nationalgarde gemacht. Er begann seinen aktiven Dienst 1990 als Absolvent des ROTC-Lehrgangs (Reserve Officer Training Command) am Virginia Military Institute und mit einem Bachelor in Ökonomie. Später erwarb er sich einen Master Abschluss in Luftkriegführung an der American Military University. Als F-16 Pilot flog Caine vor allem in Einheiten der Nationalgarde, unter anderem auch einen Einsatz am 11. September 2001 über der Hauptstadt. Caine flog Einsätze in der Golfregion (Kuweit und Irak), diente aber mehrheitlich in Einheiten und Stäben in den USA, wurde als White House Fellow ausgewählt und diente auch im Special Operations Command. In seiner Biographie fällt auf, dass er zwar diverse Kommandi als Stabsoffizier und als Offizier im Generalsrange innehatte, nie aber eine Staffel oder ein Geschwader führte. Von 2009 bis 2016 war er als Teilzeitangehöriger bei der Air National Guard und arbeitete in dieser Phase als Investor und Unternehmer. Auffallend und eher ungewöhnlich ist auch die Tatsache, dass er nie in Europa oder im Fernost diente. Von 2021 bis 2024 war er dann Stellvertretender Direktor im CIA und dort für die militärischen Aspekte verantwortlich. Caine weist 2’800 Flugstunden im F-16 auf, darunter 150 Stunden Einsätze unter Kampfbedingungen. Im Dezember 2024 quittierte er den Militärdienst und wendete sich der Privatwirtschaft zu. Man vermutet, dass er sich deswegen in den Hearings für beschleunigte Prozesse im Beschaffungsbereich und für den Beizug auch von innovativen kleinen Firmen ausgesprochen hat.
Trump hat Caine erstmals offenbar 2018 im Irak bei dessen Einsatz in einer Special Operation Task Force angetroffen. Dort und in einigen nachfolgenden Begegnungen hat ihm der General sichtlich Eindruck gemacht, Caine sei ein «echter General und kein Fernseh-General» soll er gesagt haben. Gemäss Trump sei Caine mehrfach von der Administration Biden übergangen worden.
Caine ist als oberster Berater des Präsidenten, des Nationalen Sicherheitsrates und des Verteidigungsministers, also als eine Person, die nicht integral in die Kommandokette einbezogen ist, ein enger Vertrauter Trumps. In den Senat-Hearings ist er verschiedentlich darauf angesprochen worden, wie er reagieren würde, wenn anstehende Entscheide nicht den Vorstellungen seines Präsidenten entsprechen sollten. Caine hat hier deutlich und mehrfach festgehalten, dass für ihn die Loyalität zur Verfassung und nicht zu einer Person im Vordergrund stünde und er sein Amt als apolitisch betrachte. Die Zukunft wird weisen, wie weit er diesem Grundsatz nachleben wird und kann.
Foto: U.S. Department of Defense