Zum Positionspapier der OG Panzer

Am 20. Mai 2025 veröffentlichte die OG Panzer ein inhaltlich starkes Positionspapier. Mehrere Medien, vor allem in der Deutschschweiz, berichteten darüber. Die Meinung des SOG-Präsidenten wird anhand von drei Schlüsselfragen dargelegt.

Wie ordnet die SOG die Forderungen der OG Panzer ein?

Die Schweizer Armee wurde in den vergangenen Jahren massiv reduziert – personell, materiell und strukturell. Gleichzeitig hat sich das sicherheitspolitische Umfeld fundamental verändert: Der konventionelle Krieg ist nach Europa zurückgekehrt. Die Folge ist, dass die gesamte Armee – nicht nur einzelne Truppengattungen – wieder voll einsatz- und durchhaltefähig sein muss. Das bedeutet: Es braucht eine glaubwürdige Ausrüstung und Ausbildung in allen Bereichen: Infanterie, Panzer, Artillerie und Luftwaffe, aber auch Logistik (Infrastruktur, Munition, Betriebsstoff) – und selbstverständlich auch Drohnen, aber nicht nur!

Nun bildet das Milizsystem das Rückgrat der schweizerischen Verteidigungsfähigkeit. Es ist daher nachvollziehbar, dass Teile der Zivilgesellschaft, insbesondere aus dem sicherheitspolitisch engagierten Umfeld, ihre Besorgnis über den Zustand der Armee öffentlich machen – und eigene Vorschläge in die Diskussion einbringen. Die Offiziersgesellschaft Panzer (OG Panzer) vertritt spezifisch die Interessen der Panzertruppe. Es ist konsequent und legitim, dass sie sich nun mit einem eigenen Positionspapier zu Wort meldet.

Die Forderungen der OG Panzer zeigen unmissverständlich: In der Offiziersbasis wächst der Unmut über den Zustand der Armee. Die Geduld ist vielerorts erschöpft. Man will nicht länger zusehen, wie zentrale Fähigkeiten verloren gehen oder nur noch auf dem Papier existieren.

Für mich ist entscheidend, dass die SOG grundsätzlich die Linie der Armeeführung unterstützt – kritisch, aber konstruktiv. Die Position der SOG deckt sich nicht in jedem Punkt mit jener ihrer Fachsektionen. Dennoch verstehe ich die Unzufriedenheit vieler Bürgerinnen und Bürger, Soldaten und Offiziere sehr gut. Es ist wichtig, dass diese Diskussionen geführt werden – offen, fundiert und mit Respekt. Die SOG ist nicht dafür da, ihren Sektionen den Mund zu verbieten. Wichtig ist jedoch, dass die erhobenen Forderungen nicht nur militärisch sinnvoll, sondern auch politisch tragfähig sind.

Genauso wichtig ist: Das Parlament muss die veränderte Bedrohungslage endlich ernst nehmen – und einen sauberen sicherheitspolitischen Entscheidungsprozess einleiten. Nur so können wir aus der sicherheitspolitischen Defensivhaltung herausfinden.

Ist der Investitionsbedarf tatsächlich so hoch, wie ihn die OG Panzer beziffert?

Ja, dieser Investitionsbedarf ist real – und leider die logische Folge von jahrzehntelangen, politisch gewollten Einsparungen. In den letzten 35 Jahren wurden vom Bundesrat und vom Parlament systematisch finanzielle Mittel aus dem Armeebudget abgezogen – zugunsten anderer Aufgabenbereiche. Dabei wurde die Armee um weit über 100 Milliarden Franken reduziert: Rund 700’000 Soldaten, inklusive ihrer Ausrüstung, Fahrzeuge, Waffen, Munition und Infrastruktur, sind in dieser Zeit abgebaut worden.

Die Folgen sind heute klar sichtbar: Die Schweiz ist – Stand heute – nicht mehr verteidigungsfähig. Wichtige Fähigkeiten wurden nicht nur reduziert, sondern teilweise vollständig eliminiert. In einer Welt mit wachsender Instabilität ist das ein sicherheitspolitisches Risiko, das sich unser Land nicht länger leisten kann.

Um eine glaubwürdige Verteidigungsfähigkeit wiederherzustellen, sind daher massive Investitionen nötig. Fachleute schätzen, dass dies über mehrere Jahre hinweg einen Betrag von rund 100 Milliarden Franken erfordert – also ungefähr den Betrag, den man zuvor eingespart hat. Es geht dabei nicht um Luxus oder Aufrüstung aus Prinzip, sondern um die schlichte Wiederherstellung eines minimal notwendigen Verteidigungsdispositivs.

Es handelt sich um sehr viel Geld in sehr kurzer Zeit. Wie soll das finanziert werden?

In der Tat: Die Wiederherstellung der Verteidigungsfähigkeit ist teuer. Aber was ist die Alternative? Sicherheit ist die Grundvoraussetzung für Freiheit, Stabilität und Wohlstand. Es ist deshalb besorgniserregend, dass in einem der wohlhabendsten Länder der Welt überhaupt darüber diskutiert wird, ob ein Verteidigungsbudget von einem Prozent des BIP zu hoch sei – während andere Staaten, darunter viele unserer Nachbarn, heute zwei bis drei Prozent aufwenden.

Die Bevölkerung hat zunehmend erkannt: Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif. Eine nachhaltige Erhöhung der Verteidigungsausgaben ist unumgänglich – und sie muss weit über ein Prozent des BIP hinausgehen. Diese Erhöhung sollte aber nicht über neue Schulden finanziert werden, sondern im Rahmen der bestehenden Schuldenbremse erfolgen – durch eine strategische Umverteilung innerhalb des Bundeshaushalts. In anderen Bereichen sind die Ausgaben in den letzten Jahren exponentiell gestiegen – es ist Zeit, die Prioritäten neu zu ordnen.

Kurzum: Die Schweiz kann sich eine schwache Armee nicht leisten. Es ist höchste Zeit zu handeln – entschlossen, langfristig und finanziell glaubwürdig.

Quelle: SOG, Oberst i Gst Michele Moor